HSF4-Gen-Defekt

Australian Shepherd Züchter aus Krefeld (NRW)

HSF4 – Hereditärer Katarakt

Was ist HSF4?

HSF4 ist die Ab­kür­zung für Heat Shock Fac­tor Pro­te­in 4. Eine Mu­ta­ti­on die­ses Pro­te­ins (HSF4-De­fekt) ist eine mög­li­che Ur­sa­che für den Her­edi­tä­ren Ka­ta­rakt (HC), eine erb­li­che Augenerkrankung.

Man be­zeich­net den Ka­ta­rakt auch als ”grau­en Star”. Die bei feh­len­der Be­handlung da­mit ein­her­ge­hen­de Lin­sen­trü­bung bei­der Au­gen ist die häu­figs­te Ur­sa­che für eine Er­blin­dung des Hun­des. Wenn ein Hund an HC er­krankt ist, zei­gen sich ers­te Sym­pto­me be­reits in jun­gen Jahren.

Die ein­zi­ge Be­handlung be­steht in ei­nem chir­ur­gi­schen Ein­griff: Es wer­den die eigenen/natürlichen Lin­sen ent­fernt und durch künst­li­che ersetzt.

Man un­ter­schei­det 2 For­men des Her­edi­tä­ren Kataraktes:

Kongenital

Kon­ge­ni­tal (bei der Ge­burt be­reits vor­han­den): Der Au­gen­arzt er­kennt bei der Un­ter­su­chung des Wel­pen be­reits eine Linsentrübung.

Nicht kongenital

Nicht-kon­ge­ni­tal (bei der Ge­burt noch nicht vor­han­den): Der Au­gen­arzt kann kei­nen her­edi­tä­ren Ka­ta­rakt dia­gnos­ti­zie­ren. Aber die Trü­bung der Lin­se kann im Al­ter von 6 Mo­na­ten bis zu 6 Jah­ren auf­tre­ten. Die meis­ten Er­kran­kun­gen wer­den im Al­ter von 1 1/2 bis 3 Jah­ren dia­gnos­ti­ziert. Ver­ein­zelt er­kran­ken auch noch Hun­de, die äl­ter als 6 Jah­re sind.

Sche­ma­ti­sche Dar­stel­lung des Auges
Quel­le: Ta­los, co­lo­ri­zed by Ja­kov [CC BY-SA (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)]

Krankheitsverlauf

Der Ka­ta­rakt ver­läuft meist sehr schlei­chend, so­dass der Be­sit­zer oft die Er­kran­kung erst in ei­nem fort­schrei­ten­den Al­ter er­kennt, weil der Hund sein man­geln­des Seh­ver­mö­gen lan­ge Zeit durch den aus­ge­präg­ten Ge­hör- und Ge­ruchs­sinn aus­glei­chen kann. Der Be­sit­zer be­merkt das man­geln­de Seh­ver­mö­gen sei­nes Hun­des meist erst in frem­der Um­ge­bung, da der Hund dort plötz­lich an Ge­gen­stän­de an­stößt, was er in sei­nem Zu­hau­se durch ei­nen gu­ten Ori­en­tie­rungs­sinn ver­mei­den konn­te. Der Her­edi­tä­re Ka­ta­rakt ver­ur­sacht auch kei­ne Schmer­zen, an­hand des­sen der Be­sit­zer den Ka­ta­rakt er­ken­nen könnte.

Sehschwierigkeiten im Alter

Wich­tig für Hun­de­inter­es­sier­te zu wis­sen ist, dass der HSF4-De­fekt nur eine mög­li­che Va­ri­an­te ist, um ei­nen Ka­ta­rakt aus­zu­lö­sen. Wenn die Seh­kraft ei­nes Hun­des also auf­grund sei­nes Al­ters ir­gend­wann nach­lässt oder er er­blin­det, muss das nicht zwangs­läu­fig mit dem HSF4-De­fekt zusammenhängen.

Foto 1: Be­gin­nen­der Katarakt
Foto 2: To­ta­ler Katarakt
Foto 3: Pferd (vor Ope­ra­ti­on) Katarakt
Foto 4: Pferd nach Ent­fer­nung der Lin­se und Ein­set­zen ei­ner Kunstlinse

Dan­ke an Dr. med. vet. Ma­ri­an­ne Rich­ter für die zur Ver­fü­gungs­stel­lung der Fotos
Quel­le: www.eyevet.ch/katarakt.html

Vererbung

Die Ver­er­bung des Gen­de­fek­tes wird noch er­forscht und ist wei­test­ge­hend un­be­kannt. Im In­ter­net und bei­spiels­wei­se bei La­boklin (ein La­bor, das die Gen­tests durch­führt) fin­det man oft Quel­len mit der Aus­sa­ge, dass der De­fekt au­to­so­mal do­mi­nant ver­erbt würde.

Au­to­so­mal do­mi­nant ver­erbt be­deu­tet, dass be­reits ein be­trof­fe­nes Al­lel zu die­ser Er­kran­kung führt. Das For­schungs­in­sti­tut für Ge­sund­heit und Ge­ne­tik des Aus­tra­li­an She­p­herd (Aus­tra­li­an She­p­herd He­alth & Ge­ne­tics In­sti­tu­te, Inc., ASHGI) schränkt die­se Be­haup­tung ein, da die­ser Ka­ta­rakt nie bei Aus­sie-Wel­pen dia­gnos­ti­ziert wird und auch nicht alle Trä­ger die­ses Gens dar­an erkranken.

Ei­nen x‑chromosomalen Erb­gang (d.h. nur über das X‑Chromosom ver­erbt) kann man eben­falls aus­schlie­ßen: Es sind so­wohl Rü­den als auch Hün­din­nen in ähn­li­cher An­zahl betroffen.

Bei ei­nem x‑chromosomalen Erb­gang wäre die An­zahl be­trof­fe­ner Rü­den deut­li­cher höher.

So­mit bleibt zur Er­klä­rung nur noch eine re­zes­si­ve Ver­er­bung (d.h. es müs­sen zwei Trä­ger ver­paart wer­den, da­mit kran­ke Nach­kom­men fal­len) oder die po­ly­ge­ne Ver­er­bung (d.h. meh­re­re Gene spie­len für die Er­kran­kung eine Rolle).

Für die po­ly­ge­ne Ver­er­bung spricht das un­ten ta­bel­la­risch dar­ge­stell­te Stu­di­en­ergeb­nis: 392 Aus­sies wur­den auf ih­ren Gen­sta­tus ge­tes­tet und dann be­ob­ach­tet, bei wie vie­len Aus­sies sich ein her­edi­tä­rer Ka­ta­rakt ge­bil­det hat.

Das Er­geb­nis zeigt, dass selbst HSF4-De­fekt-frei ge­tes­te­te Hun­de an dem Ka­ta­rakt erkranken.

Für die Zucht un­ter­schei­det man 3 Gentypen:

  1. N/N (ho­mo­zy­got gesund):
    Der Hund wird nicht we­gen HSF4-De­fekt an HC er­kran­ken und kann die Mu­ta­ti­on auch nicht an Nach­kom­men wei­ter geben.
  2. N /HC (he­te­ro­zy­go­ter Träger):
    Der Hund trägt eine Ko­pie des mu­tier­ten Gens. Es be­steht ein 17fach er­höh­tes Ri­si­ko, dass der Hund dar­an er­krankt. Laut dem Oph­thal­mo­lo­gen Dr. Stau­dach­er aus der Tier­kli­nik Aa­chen ist die Er­kran­kungs­wahr­schein­lich­keit den­noch im­mer sehr ge­ring. Ge­naue Zah­len sind lei­der noch nicht be­kannt. He­te­ro­zy­go­te An­la­ge­trä­ger, die nur eine Ko­pie des de­fek­ten HSF4 Gens be­sit­zen, lei­den häu­fig an ei­nem hin­te­ren sub­kap­su­lä­ren Ka­ta­rakt, der nur sel­ten das Seh­ver­mö­gen beeinflusst.
  3. HC/HC (ho­mo­zy­got betroffen):
    Der Hund trägt zwei Ko­pien des mu­tier­ten Gens und hat ein ex­trem ho­hes Ri­si­ko an HC zu er­kran­ken. Er/Sie gibt die Mu­ta­ti­on zu 100 % an seine/ihre Nach­kom­men weiter.

Ein Hund kann auf den HSF4-De­fekt ge­nau so wie auf den MDR1-De­fekt durch ei­nen Spei­chel­ab­strich ge­tes­tet werden.

HSF4 Mutationsstatus von 392 Aussies

Üb­ri­gens trägt laut dem Aus­tra­li­an She­p­herd He­alth & Ge­ne­tic In­sti­tu­te ei­ner von vier Aus­sies die­se Mu­ta­ti­on. Rech­net man die­se Er­kennt­nis auf die gan­ze Aus­sie­po­pu­la­ti­on hoch, be­deu­tet dies, dass etwa 25 % al­ler Aus­sies die­ses Gen tra­gen. Um den Gen­pool groß zu hal­ten, soll­ten Züch­ter die­se Hun­de nicht aus der Zucht neh­men, son­dern Trä­ger mit HSF4 frei­en Hun­den ver­paa­ren. Bei HSF4 be­trof­fe­nen Hun­den, soll­te der Züch­ter ein gleich­wer­ti­ges HSF4 frei­es oder Trä­ger Ge­schwis­ter in die Zucht nehmen.

ge­sunder­krankt
#%#%
N/N frei24683,693131,30
N/M Trä­ger4615,705454,55
M/M be­trof­fen10,341414,15

Quel­le: Ref3 Mel­lersh et al 2009

Behandlungsmöglichkeiten

Die ein­zi­ge Mög­lich­keit den grau­en Star zu be­han­deln, ist die ope­ra­ti­ve Ent­fer­nung der Lin­se (und ggf. Er­satz durch eine künst­li­che). Zu­nächst wird der All­ge­mein­zu­stand des Hun­des und die Be­schaf­fen­heit der Lin­se per Ul­tra­schall über­prüft. Da­nach wird ein Elek­tro­re­ti­no­gramm durch­ge­führt, wel­ches dem Arzt Auf­schluss über den Funk­ti­ons­zu­stand der Ner­ven­zel­len gibt. Nur wenn die­se Un­ter­su­chun­gen den Schluss zu­las­sen, dass eine Ope­ra­ti­on sinn­voll ist, kann der graue Star be­han­delt wer­den. Die Er­folgs­aus­sich­ten ei­ner Ka­ta­rakt-OP lie­gen bei ca. 80 bis 95 %.

Die so­ge­nann­te Pha­ko­emul­si­fi­ka­ti­on-Ope­ra­ti­on wird in den meis­ten Fäl­len am­bu­lant und un­ter In­ha­la­ti­ons­nar­ko­se durch­ge­führt. Nach ei­nem klei­nen Haut­schnitt im äu­ße­ren Au­gen­win­kel wird die Horn­haut bo­gen­för­mig ca. 3 mm weit im obe­ren Be­reich des Au­ges und die vor­de­re Lin­sen­kap­sel kreis­för­mig er­öff­net. Der ge­trüb­te Lin­sen­in­halt wird per Ul­tra­schall zer­trüm­mert, aus dem Kap­sel­sack ab­ge­saugt und die in­ne­re Kap­sel­wand an­schlie­ßend ”po­liert”. Die Mög­lich­keit der Im­plan­ta­ti­on ei­ner Kunst­lin­se aus Acryl in den ver­blei­ben­den Kap­sel­sack ent­schei­det sich wäh­rend der Ope­ra­ti­on. Horn­haut und Haut wer­den da­nach wie­der verschlossen.

Das frisch ope­rier­te Auge ist hoch­emp­find­lich und soll­te kei­nen Stö­ßen aus­ge­setzt wer­den. Auf­grund der lan­gen Nar­ko­se wer­den die Au­gen i.d.R. in zwei Ope­ra­tio­nen be­han­delt. Eine merk­ba­re Seh­ver­bes­se­rung tritt in den ers­ten zwei bis drei Ta­gen nach der Ope­ra­ti­on ein. Wich­tig ist eine in­ten­si­ve zwei- bis drei­wö­chi­ge me­di­ka­men­tö­se Nach­be­hand­lung durch den Be­sit­zer. Die Ge­fahr von Kom­pli­ka­tio­nen, z.B. Blu­tun­gen, Netz­haut­ent­zün­dun­gen oder ‑ab­lö­sun­gen, so­wie Glau­ko­me, ist nach drei Mo­na­ten überstanden.

Ge­ne­rell ist der graue Star eine re­la­tiv gut zu be­han­deln­de Krank­heit. Wenn kei­ne Ope­ra­ti­on in Er­wä­gung ge­zo­gen wird, soll­ten die Au­gen halb­jähr­lich kon­trol­liert werden.

Augen-Operation

Weiterführende Literatur


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