MDR1 – Multi Drug Resistance Gene
Was ist MDR1?
Ein MDR1-Gen-Defekt ist ein Defekt im MDR1-Gen, welches gelegentlich bei bestimmten Hunderassen auftreten kann. Wegen des Defekts kommt es zu einer fehlerhaften Synthese (Herstellung) des P‑Glycoproteins (PGP). Dieses Protein (Eiweiß) ist ein integrales Zellmembranprotein, das sich in Niere, Leber, Blut-Hirn-Schranke, sowie in der Nebenniere und im Darm befindet.
Das P‑Glycoprotein schleust unter ATP-Verbrauch (Adenosintriphosphat = Energieträger der Zelle) giftige Substanzen aus der Zelle: In der Blut-Hirn-Schranke (Barriere zwischen Blutkreislauf und Zentralnervensystem) sorgt dieses Protein für den Abtransport von neurotoxischen Substanzen (Nervengifte).
Die Funktion des MDR1-Gens ist also die Entgiftung des Körpers.
Darüber hinaus sind bei Defekt des MDR1-Gens im Zusammenhang mit dem Wirkstoff Ivermectin, der bspw. bei Anti-Parasiten-Medikamenten eingesetzt wird, Todesfälle bekannt geworden – die sich vermeiden ließen, wenn der Besitzer über das MDR1-Gen aufgeklärt wäre.
Schema der Gehirn Kapillare – MDR1 Transportsystem © Yellowstoneaussies
Der MDR1-Gen-Defekt ist also keine Krankheit, sondern ”nur” eine Unverträglichkeit auf bestimmte Wirkstoffe. Der MDR1-Gen-Defekt tritt nicht nur bei Australian Shepherds auf. Besonders bekannt ist die Überempfindlichkeit auf den Stoff Ivermectin bspw. bei Collies.
Bei Gabe von Ivermectin-haltigen Medikamenten (Antiparasitika, Zytostatika, Durchfallmittel und bestimmte Antibiotika) kann es bei betroffenen Hunden zu Bewegungs- und Koordinationsstörungen, Zittern, Benommenheit, Erbrechen, Desorientiertheit und vermehrtem Speichelfluss kommen. Bei zu hoher Gabe fällt der Hund ins Koma oder kann sogar sterben.
Schematische Darstellung einer Zelle
Quelle: MesserWoland and Szczepan1990 [CC BY-SA (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)]
MDR1 Ausprägung in verschiedenen Rassen
Rassen | MDR1 (+/+) frei | MDR1 (+/-) Träger | MDR1 (-/-) betroffen |
Collie | 19 | 45 | 36 |
Shetland Sheepdog | 49 | 43 | 8 |
Australian Shepherd | 62 | 32 | 6 |
Miniatur Australian Shepherd | 54 | 43 | 3 |
Wäller | 65 | 35 | 0 |
Old English Sheepdog | 92 | 8 | 0 |
Border Collie | 98,7 | 0,9 | 0,4 |
Beared Collie | 100 | 0 | 0 |
MDR1 Verteilung in verschiedenen Rassen
Quelle: Irina Gramer u. a.: Breed distribution of the nt230(del4) MDR1 mutation in dogs. In: Veterinary Journal. 189 (2011), S. 67–71
Worauf musst Du achten?
Es gibt Neuigkeiten zum MDR1 Gen Defekt (Stand August 2015). In den USA ist ein Fall bekannt geworden, in dem ein Aussie mit der Gen-Ausprägung +/- also Träger des Gens ist, Schafkot gefressen hat.
Die Schafe wurden zuvor mit Ivermectin entwurmt. Diese Hündin schwebte in Lebensgefahr, konnte nicht selbstständig atmen und ob sie bleibende Hirnschäden davon trägt war ebenfalls ungewiss, weil sie heftig auf den im Kot noch vorhandenen Wirkstoff reagiert hatte. Der behandelnde Tierarzt gab bekannt, dass die Hündin bereits tot wäre, wenn sie die Ausprägung -/- gehabt hätte, aber er sagte, dass sie auch mit der Ausprägung +/+ auf den Wirkstoff reagiert hätte.
Es ist also nicht mehr so, dass, wie man ursprünglich dachte (und wie auch in Deutschland bisher die Meinung die Quellen waren) nur Hunde mit der Ausprägung -/- auf die Wirkstoffe – siehe rechts – reagieren, sondern auch Trägertiere und freie Tiere. Die Intensität wie heftig sie reagieren ist lediglich unterschiedlich. Also noch mal zusammen gefasst: Ein MDR1 +/+ sollte ebenfalls nicht mit den gefährlichen Wirkstoffen behandelt werden!
Ich hänge die Quelle und ein Foto der Hündin hier noch mal an!
Bei Hunden, die ein defektes MDR1-Gen (-/-) haben und gleichzeitig an Epilepsie erkranken, muss im Besonderen die Medikamentengabe auf gefährliche Substanzen kontrolliert werden. Ein defektes MDR1-Gen ist nach aktuellem Kenntnisstand aber nicht Ursache einer Epilepsie.
Teile den MDR1 Status deines Hundes unbedingt dem Tierarzt mit!
Kein Schafs- oder Pferdekot fressen lassen, da dieser die gefährlichen Stoffe enthalten kann!
Vererbung
Das MDR1-Gen wird rezessiv vererbt (d.h. zwei Träger müssen verpaart werden, damit der Defekt vollständig auftritt). Ein Gentest kann über einen Speichelabstrich durchgeführt werden.
Schema der Vererbung des MDR1 Gens © Yellowstoneaussies
Zuchtgedanke
Besonders interessant – nicht nur für Züchter – finden wir die Meinung von C. Sharp, Präsidentin von Australian Shepherd Health & Genetics Institute, Inc., zum MDR1 Gen.
Wir verlinken hier auf die deutsche Übersetzung (Stand September 2013).
Zusammenfassung: C. Sharp ist der Auffassung, dass in manchen Ländern der Genpool der Aussies noch so klein ist, dass sie durchaus Verpaarungen in Betracht ziehen würde, in dem MDR1 betroffene Hunde fallen können.
Allerdings solle dann, wenn möglich, nur mit den MDR1 freien Hunden aus dieser Verpaarung weiter gezüchtet werden. Auf diese Weise vergrößere sich der Genpool, ohne ernsthafte gesundheitliche Probleme zu provozieren.