Brachyurie – Natural Bobtail (NBT)

Australian Shepherd Züchter aus Krefeld (NRW)

Brachyurie – Natural Bob Tail (NBT)

Was ist Brachyurie?

Als Brachy­urie wird eine an­ge­bo­re­ne Ver­kür­zung der Rute be­zeich­net. Eine über­haupt nicht vor­han­de­ne Rute ist eine Anurie. Die Stum­mel­ru­te, der so­ge­nann­te Na­tu­ral Bob­tail (NBT), ge­hört beim Aus­tra­li­an She­p­herd zum Ras­se­stan­dard. Als NBT wird jede Art der un­voll­stän­di­gen Rute be­zeich­net: Die Rute kann ganz oder nur zu Tei­len feh­len, z.B. 3/4 oder 1/4 Rute. Der NBT ent­steht durch die so­ge­nann­te C189G-Mu­ta­ti­on des T-box-Tran­skrip­ti­ons­fak­tors.

Abgrenzung zum Kupieren

So­wohl Brachy­urie als auch Anurie müs­sen zwin­gend vom Ku­pie­ren ab­ge­grenzt wer­den. Beim Ku­pie­ren ver­kürzt oder ent­fernt der Mensch die Rute, was für nicht zur Jagd ge­führ­te Hun­de seit 1987 in Deutsch­land ver­bo­ten ist. In den USA wer­den Aus­sies grund­sätz­lich ku­piert. Des Wei­te­ren dür­fen Hun­de ku­piert wer­den, wenn es, bspw. bei Tu­mo­ren, me­di­zi­nisch not­wen­dig ist.

Beim Ku­pie­ren wird meist un­ter Nar­ko­se oder Be­täu­bung die Rute schon wäh­rend der ers­ten drei Le­bens­ta­ge ent­fernt. Eng­li­sche Züch­ter bin­den die Rute ab, so­dass die­se nicht mehr durch­blu­tet wird, ab­stirbt und auch nach ein paar Ta­gen ab­fällt. Der ku­pier­te Hund be­nö­tigt eine um­fas­sen­de Schmerz- und Antibiotikatherapie.

Da die Aus­sies am Vieh ar­bei­ten und auch ge­ar­bei­tet ha­ben, wur­de die Rute ur­sprüng­lich ku­piert, da­mit sich der Hund we­gen der Rute nicht ver­let­zen konn­te und der Schä­fer kei­ne Blät­ter und Ge­strüpp aus dem üp­pi­gen Ru­ten­fell sam­meln musste.

Auf VDH (Ver­band deut­scher Hun­de­we­sen) Shows dür­fen kei­ne ku­pier­ten Hun­de mehr aus­ge­stellt wer­den. NBT Hun­de je­doch nach wie vor, da dies eine na­tür­lich vor­kom­men­de Ver­än­de­rung der Rute ist.

Rü­den mit ku­pier­ter Rute aus den USA

Stummelrute oder NBT

Die ver­kürz­te Rute ist ge­nau ge­nom­men im­mer eine ver­krüp­pel­te Wir­bel­säu­le, bei der der letz­te Teil (die Rute) fehlt oder un­voll­stän­dig ist.

Es ist nicht ver­ant­wor­tungs­voll zwei Hun­de mit Stum­mel­ru­ten zu ver­paa­ren, da man ur­sprüng­lich da­von aus­ging, dass bei Nach­kom­men die­ser Ver­paa­rung Schä­den an der Wir­bel­säu­le oder eine feh­ler­haf­te Ko­or­di­na­ti­on der Hin­ter­läu­fe auf­tre­ten könnten.

In­zwi­schen weiß man, dass die­se Tie­re gar nicht ge­bo­ren wer­den und schon im Mut­ter­leib absterben.

Eine sol­che Ver­paa­rung fällt nach dem deut­schen Tier­schutz­ge­setz un­ter den Be­griff ”Qu­al­zucht” und ist ver­bo­ten. Ein NBT Hund muss des­halb im­mer mit ei­nem Hund mit lan­ger Rute ver­paart werden.

Nach­zuch­ten aus un­se­rem ers­ten Wurf mit NBT Rute

Whiggling Butts

Für bei­de Ru­ten­län­gen, den NBT und die nor­ma­le Rute, gibt es Lieb­ha­ber und Fans. Be­son­ders in­ter­es­sant ist es zu be­ob­ach­ten, wenn sich ein NBT-Hund oder ein ku­pier­ter Hund freut/erregt ist: Dann we­delt nicht nur die kur­ze Rute, son­dern der gan­ze Hund (”whiggling butts”).

Besonderheiten im Umgang mit NBT-Hunden

Aus hun­de­psy­cho­lo­gi­scher Sicht soll­te man dem NBT durch­aus be­wusst ge­gen­über­ste­hen, da Hun­de auch über die Rute mit­ein­an­der kom­mu­ni­zie­ren: Mit sei­ner Rute kann er Auf­re­gung, Freu­de, Angst aber auch Ag­gres­si­on ausdrücken.

Na­tür­lich hat der Hund auch noch an­de­re Mög­lich­kei­ten dies zu kom­mu­ni­zie­ren. Aber wenn ihm die Rute fehlt, kann es ins­be­son­de­re für den Men­schen schwie­rig sein, die ak­tu­el­le Stim­mungs­la­ge des Hun­des zu er­ken­nen. Trotz­dem soll­te die Län­ge der Rute nicht aus­schlag­ge­bend für oder ge­gen ei­nen Wel­pen sein, denn schließ­lich ver­bringst du 10 bis 15 Jah­re mit dei­nem Hund und der Be­sit­zer wird sei­nen Hund auch ohne Ru­ten­kom­mu­ni­ka­ti­on ein­zu­schät­zen ler­nen. Der recht net­te Vor­teil ei­nes NBT-Hun­des ist na­tür­lich, dass er beim We­deln nichts vom Tisch schub­sen kann.

Wenn ein NBT-Hund aus­ge­stellt oder bei Sport­ar­ten an­tre­ten soll, kann durch ei­nen Spei­chel­test be­legt wer­den, dass der Hund ein NBT und kein ku­pier­ter ist. Ein NBT-Aus­sie un­ter­liegt also für Shows und Sport­ver­an­stal­tun­gen kei­nen Ein­schrän­kun­gen. Üb­ri­gens wür­de ein ASCA-Rich­ter ei­nen NBT auch nicht auf­grund der NBT-Rute abwerten!

Vererbung

In­zwi­schen hat La­boklin die Ver­er­bungs­li­nie der Brachy­urie ver­öf­fent­licht. Der Brachy­urie liegt ein au­to­so­mal do­mi­nan­ter Erb­gang zu­grun­de, d.h. ein be­trof­fe­nes Al­lel reicht aus, um ei­nen NBT egal in wel­cher Län­ge her­vor­zu­ru­fen. Es gibt bei der Brachy­urie nur zwei Gen­ty­pen, näm­lich den bei dem bei­de Al­le­le frei sind (+/+) und den bei dem ein Al­lel be­trof­fen ist (+/-).

Die In­di­vi­du­en mit dem Gen­typ (-/-) sind le­tal und ster­ben schon vor der Ge­burt. Es ist des­halb wich­tig, wenn man ei­nen NBT Hund ver­paa­ren möch­te, dass der an­de­re Hund eine lan­ge Rute hat und bei­de Al­le­le frei sind. Eine lan­ge Rute kann trotz­dem ein NBT sein, weil z.B. nur ein Wir­bel­glied fehlt, die­ses ist aber von Au­ßen nicht un­be­dingt erkennbar.

Rutenverteilung beim Australian Shepherd

Die Re­gis­trie­rungs­sta­tis­tik zeigt, dass ei­ner von fünf Aus­sies eine NBT Rute hat.

10 % die­ser Hun­de ha­ben ei­nen 1/4 NBT oder länger.

10 % al­ler NBTs ha­ben Knickruten.

Zwei NBT Aus­sies soll­ten nicht mit­ein­an­der ver­paart wer­den. Schon gar nicht, wenn der NBT sehr kurz ist, denn es kann so zu Rü­cken­de­for­ma­tio­nen bei den Wel­pen kommen.

Etwa 2 % der NBT Aus­sies wur­den ge­mel­det, dass sie Nach­zuch­ten pro­du­ziert ha­ben, die auf­grund des­sen ein­ge­schlä­fert wer­den mussten.

Weiterführende Literatur


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